8/2023 – Der feuchtetechnische Nachweis von Innendämmsystemen

Einleitung

Innendämmung wird in erster Linie mit einer möglichen Kondensatbildung im Innern der Konstruktion in Verbindung gebracht. Innerhalb der deutschen Normung (DIN 4108-3:2018) hat sich für diesen feuchtetechnischen Nachweis ein dreistufiges Verfahren etabliert:

  • nachweisfreie Konstruktionen
  • vereinfachte Nachweisverfahren
  • exakte Simulation des instationären gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports

Die Verfahren bauen aufeinander auf. Das bedeutet, dass für eine Konstruktion zuerst geprüft wird, ob diese im Katalog der nachweisfreien Konstruktionen enthalten ist. Wenn nicht, dann erfolgt in einem zweiten Schritt die Nachweisführung auf Grundlage der vereinfachten Verfahren, bei „Nichtbestehen im vereinfachten Verfahren“ bleibt der Nachweis auf Basis der computergestützten Simulation.

Nachweisfreie Innendämmsysteme nach DIN 4108-3

Mit Einführung des sogenannten „Glaser-Verfahrens“ (aktuell Periodenbilanzverfahren zur Berechnung der Tauwasserbildung im Innern von Bauteilen nach DIN 4108-3:2018) wurde ein Kapitel „Nachweisfreie Konstruktionen“ in die Norm eingebracht. Die Ergebnisse des Glaser-Verfahrens liegen in aller Regel auf der sogenannten „sicheren Seite“, so dass viele funktionierende und praxisbewährte Konstruktionen auf Basis des normativen Verfahrens nicht nachgewiesen werden können. Aus diesem Grund und um für funktionierende Standardkonstruktionen nicht im Regelfall einen solchen Nachweis führen zu müssen, sind im Abschnitt 5.3 der aktuellen Norm zahlreiche Konstruktionen aufgelistet, für die kein Nachweis erforderlich ist, da die Baupraxis gezeigt hat, dass keine tauwasserbedingten Schädigungen zu erwarten sind. Für die Innendämmung lauten die derzeitigen Angaben der Norm:

Tabelle 1: Zusammenstellung der Anforderungen an nachweisfreie Innendämmung nach DIN 4108-3:2018

Für eine wärmeschutztechnische Verbesserung durch die Innendämmung ΔRi bis 1,0 m²K/W sieht die Norm einen Mindestdiffusionswiderstand vor, damit Tauwasserspitzen vermieden werden. Bei einem Wärmedurchlasswiderstand der Innendämmung bis 0,5 m²K/W ist kein Diffusionswiderstand nachzuweisen. Dies führt zur Nachweisfreiheit sogenannter „Schimmelsanierungsplatten“. Des Weiteren muss selbstverständlich der Schlagregenschutz nach DIN 4108-3 sichergestellt sein.

Vereinfachter Nachweis nach WTA-Merkblatt 6-4

Das klassische Periodenbilanzverfahren nach DIN 4108-3:2018 ist für den Nachweis von Innendämmsystemen nur bedingt geeignet. Durch die Nichtberücksichtigung von Wassertransporten innerhalb der Konstruktion und insbesondere von Feuchtespeichereffekten der beteiligten Baustoffe werden bei der Dimensionierung ggf. erforderlicher Dampfsperren deutlich zu hohe Diffusionswiderstände ermittelt. Dies kann andere feuchtephysikalische Mechanismen wie die Abtrocknung von Regenwasser negativ beeinflussen und schlussendlich zu einem Schaden führen.

Mit dem vereinfachten Nachweis nach WTA-Merkblatt 6-4 steht den Nachweisführenden jedoch eine praxisbewährte Alternative zur Verfügung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der feuchtetechnische Nachweis für Innendämmsysteme für Schlagregen und Kondensationsrisiko getrennt voneinander durchgeführt werden. Nach Prüfung der im Merkblatt angegeben Voraussetzungen kann der Nachweis des Tauwasserrisikos grafisch erfolgen.

Bild 1: Diagramm zum vereinfachten feuchtetechnischen Nachweis nach WTA-Merkblatt 6-4 (nur anwendbar unter der Berücksichtigung der im Merkblatt 6-4 genannten Voraussetzungen)

Die Beurteilungsgrundlage des grafischen Nachweises ist die Erkenntnis, dass bei Einhaltung des vorgegebenen Diffusionswiderstands sdi des gesamten Innendämmsystems (siehe auch FVID-Nachgedacht 2/2019) bei gegebener wärmeschutztechnischer Verbesserung ΔRi die relative Luftfeuchte in der sogenannten Tauebene maximal 95 % r. F. beträgt. Das bedeutet, dass die Konstruktion tauwasserfrei ist. Zur Beurteilung eines Innendämmsystems bietet das Bewertungstool des FVID auf Basis des WTA-Merkblatts eine hilfreiche Unterstützung. Dort sind die wichtigen Kenngrößen üblicher Baustoffe aufgelistet und die Bewertung kann umgehend abgelesen werden. (https://fvid.de/bewertungstool/ – Aufruf 01-2023).

Simulation Nachweis nach WTA-Merkblatt 6-5 / DIN 4108-3, Anhang D

Auch wenn in der Praxis zunehmend der vereinfachte Nachweis für kondensattolerierende Innendämmsysteme angewendet wird, steht den Nachweisführenden als abschließende Möglichkeit die Simulation des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports zur Verfügung, welche immer dann eingesetzt wird, wenn mit den vorher genannten Werkzeugen kein Nachweis möglich ist, bzw. der Schlagregen explizit berücksichtigt werden muss. Mit den entsprechenden Merkblättern der WTA und dem Anhang D zur DIN 4108-3 stehen dem Planer aktuelle und umfassende Standards zur Durchführung einer solchen Simulation zur Verfügung.

Zu Bedenken ist die im Vergleich zum klassischen Glaser-Verfahren andere Herangehensweise: Im eingeführten Glaser-Verfahren sind nach Festlegung der Baustoffe alle weiteren Berechnungsschritte einschließlich der zu verwendenden Kenngrößen exakt vorgegeben und werden stationär, d.h. zeitlich konstant, betrachtet. Bei einer Simulation handelt es sich immer um eine instationär, d.h. mit zeitlich veränderlichen Werten, arbeitende Parameterstudie, um die möglichen Auswirkungen der stets vorhandenen Varianz der verwendeten Baustoffe ermitteln zu können. Hier stehen die Nachweisführenden immer in dem Konflikt zwischen einer möglichst exakten Nachbildung der Realität und einer hohen Sicherheit bei der Beurteilung des Rechenergebnisses.

Literaturangaben

  • DIN 4108-3:2018-10: Wärmeschutz im Hochbau – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung, Beuth-Verlag Berlin 2018
  • WTA-Merkblatt 6-4: Innendämmung nach WTA I: Planungsleitfaden. Ausgabe 2016, IRB Verlag Stuttgart 2016
  • WTA-Merkblatt 6-5: Innendämmung nach WTA II: Nachweis von Innendämmsystemen mittels numerischer Rechenverfahren. Ausgabe 2014, IRB Verlag Stuttgart 2014

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